Folge 10: Übersetzungen

Hier wird über die aktuelle Folge diskutiert. Und über alle anderen natürlich auch.
Nordhesse80
Beiträge: 15
Registriert: Di 4. Dez 2018, 07:41

Re: Folge 10: Übersetzungen

Beitrag von Nordhesse80 »

Die Folge war wirklich interessant und die Anekdoten Folge bei The Pod ergänzte das noch wunderbar.

Aktuell lese ich „und Marx stand still in Darwins Garten“ von Ilona Jerger. Deutsche Autorin und das Buch ist auf Deutsch im Original, aber trotzdem gibt es Probleme für mich mit der Übersetzung einzelner Wörter. Sie baut ohne Not regelmäßig Englische Wörter ein und da stellen sich mir immer wieder die Nackenhaare auf.
Marx fühlt sich dann awesome oder „...er sagte, er habe vielleicht manchmal too many irons in the Fire.“
Um Jochen zu zitieren... Warum? :cry:
Da wünschte ich mir eine Englische Übersetzung um das zu umgehen.
Tom
Beiträge: 18
Registriert: Fr 7. Dez 2018, 09:55

Re: Folge 10: Übersetzungen

Beitrag von Tom »

Fand' die folge sehr gut.
Eine Sache würde mich allerdings interessieren.
Ich habe vor Jahren den Roman LEMPRIERE'S WÖRTERBUCH von Lawrence Norfolk gelesen.
Ich fand das Buch grandios! Wenn es ein Autor schafft, den Moment, in dem der Protagonist als Junge eine Brille aufgesetzt bekommt, und er dadurch zum ersten Mal richtig scharf sehen kann, ihm die Welt in's Auge, Gesicht und Hirn springt, über eine Seite zu beschreiben vermag, finde ich das einfach nur klasse.
Ich habe zu der Zeit allerdings auch gelesen, dass die Übersetzung des Buches böse, böse Kritiken bekommen hat.
Kennt ihr beide dieses Buch? Wenn ja, was haltet ihr davon und von der Übersetzung?! Sollte man, wenn man es bereits auf deutsch gelesen hat nochmal die englische Version angehen?

Danke für Euren Podcast!
Stuttgarter
Beiträge: 4
Registriert: Di 29. Jan 2019, 22:26

Re: Folge 10: Übersetzungen

Beitrag von Stuttgarter »

Kleine Anekdote zur Krege-Übersetzung:

Laut einer Klett-Cotta-Mitarbeiterin hat Krege - genauso wie Caroux - mit Tolkien sehr intensiv zusammengearbeitet. Und ja, es gab einen beträchtlichen Shitstorm, "damals" nur halt noch per Email und altmodischem Leserbrief. Sie hat mir erzählt, dass sie beispielsweise einen Leser hatten, der ihnen täglich per Email seine neuen Kümmernisse geschickt hat. :) Deshalb hat sich Klett dann entschieden, die alte Caroux-Übersetzung doch wieder nachzudrucken statt Krege.

Zum Glück hab ich die Krege-Übersetzung mal günstig im Ramsch bekommen. Ich persönlich find Caroux nämlich unlesbar. ;)

Bin auf Eure Hobbit-Folge gespannt. Zumindest die Ausgabe, die Falko hat (die ausm Schuber), ist nämlich ebenfalls von Krege. :)

Edt: Grad gesehen, dass das zeitlich irgendwie seltsam ist, da Tolkien '73 gestorben ist, Krege wohl aber '70 überhaupt erst mit übersetzen angefangen hat. Vielleicht hab ich damals nicht richtig aufgepasst und sie meinte Christopher...
EchnaTron
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Re: Folge 10: Übersetzungen

Beitrag von EchnaTron »

Vielen Dank für die schöne Folge, zu er ich erst jetzt gekommen bin. Ich bin jemand, der wann immer möglich seine Bücher auf Deutsch liest, denn auch wenn ich sehr gut englisch verstehe und viel englische Sprache in meinen Medien existiert, gibt es da immer eine gewisse Sprachbarriere, die dafür sorgt, dass ich zu englischen Texten einfach immer so eine Distanz habe, die es bei deutschen Texten nicht gibt. Daher ist das Lesen englischer Texte immer ein wenig anstrengender als das deutscher. Von daher bin ich immer dankbar dafür, dass es entsprechend viele Übersetzer gibt.
beedaddy
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Re: Folge 10: Übersetzungen

Beitrag von beedaddy »

Ich hätte noch die Frage, wie ihr das seht: Seit ein paar Jahren fällt mir auf, dass die "normalen" Dativ- oder Akkusativ-Formen von Wörtern wie "jemand" oder "niemand" vielfach nicht mehr vorkommen. Ich weiß noch nicht so recht, ob es eher Übersetzungen betrifft oder ob es ein generelles Phänomen ist. Richtig aufgefallen ist es mir bei Übersetzungen von Stephen King, insbesondere – aber nicht nur –von Bernhard Kleinschmidt. Vielleicht, oder ziemlich sicher, bin ich da etwas überempfindlich, aber ich zucke jedes Mal zusammen, wenn "jemanden" oder "jemandem" durch ein simples "jemand" ersetzt wird. Ich weiß, das ist grammatikalisch (mittlerweile?) korrekt. Aber es stört mich und ich frage mich, warum das gemacht wird? Meinen die Verlage, dass man ansonsten zu doof ist, den Satz zu verstehen? Wie geht es euch dabei? Was meint z. B. @falko, als Übersetzer, dazu?
Insanity
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Re: Folge 10: Übersetzungen

Beitrag von Insanity »

Bei „jemand“ bin ich relativ schmerzfrei; mich triggert dafür „ein“ extrem. In meinem Volleyballverein ist kein Spieler unter 25 un der Lage, diesbezüglich einen Akkusativ zu bilden. „Ich hole mir mal ein Ball.“ ist da normal und mir rollt es dabei jedes Mal die Zehennägel bis zur Leiste hoch. :o
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falko
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Re: Folge 10: Übersetzungen

Beitrag von falko »

Verlage haben meist Stilvorgaben, und ich schätze, die sind zum großen Teil dynamisch gewachsen. Subjektiv haben alle Übersetzer*innen und Lektor*innen dann wieder einige Präferenzen (und verbotene Grammatikdetails).

Natürlich muss man dann gemeinsam von Buch zu Buch entscheiden (und sogar von Figur zu Figur), wie weit Umgangssprache erlaubt oder sogar nötig ist. Fiktive Dialoge sollen ja nicht nur die Realität abbilden, sie sind Teil der Geschichte, die erzählt wird.

Mein Eindruck ist, dass gerade amerikanische Literatur da eine ausgeprägte Tradition hat, die Leute in Dialogen mit allen Schwächen und Fehlern reden zu lassen, während in der deutschen Literatur eher literarisch und korrekt gesprochen wird. Bei Übersetzungen beißt sich das.

Ich glaube nicht, dass Verlage befürchten, die Leser*innen würden den Satz nicht verstehen, wenn er grammatikalisch korrekt ist, sondern vielmehr der Versuch, Realismus in die Dialoge zu bringen.
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beedaddy
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Re: Folge 10: Übersetzungen

Beitrag von beedaddy »

Bei wörtlicher Rede gehe ich da auch voll mit. Ich meine aber ganz allgemein die Grammatik in den Büchern. Ich muss echt nochmal nachschauen, ob ich ein gutes Beispiel(buch) finde. Eigentlich müsste es daran nicht mangeln, weil mir das ganz oft auffällt. Ich werf mal Calibre an und schau nochmal beim ein oder anderen Stephen King-E-Book rein. ;)
beedaddy
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Re: Folge 10: Übersetzungen

Beitrag von beedaddy »

Gut, ich will nicht zu sehr darauf herumreiten … aber ich hab nochmal nachgeschaut. ;)

Bei Der Anschlag (Stephen King, Übers. Wulf Bergner) gibt es ganz viele Beispiele. Gut, es ist aus der Ich-Perspektive erzählt und könnte der Umgangssprache geschuldet sein. Aber, ehrlich, ich glaube nicht wirklich dass das der Gedanke des Verlages war. Beispiele:
Aber war es überhaupt möglich, jemand ausreichend auf eine Reise in die Vergangenheit vorzubereiten?
Weil er dieses erstaunliche Geheimnis an jemand weitergeben musste, bevor der Krebs ihn für immer zum Schweigen brachte?
»Oswald wollte schon vor Kennedy jemand ermorden?«

Ok, das letzte Beispiel war sogar direkte Rede, aber wir sind auch erst in Kapitel 3. Aber so geht es durch das ganze Buch. Ich habs mal umgedreht und nach jemanden/jemandem gesucht: Ersteres kommt im ganzen buch 0 Mal vor. Letzeres 2 Mal (immerhin!).

Bei Joyland (auch Stephen King, Übers. Hannes Riffel) kommen diese beiden Wörter sowie niemanden/niemandem allesamt 0 Mal vor. Dabei gäbe es gute Gelegenheiten. Stattdessen steht da jedoch:
»Niemand ist aufgefallen, dass er ohne seine Freundin ausgestiegen ist?«
An der Stelle tut es doch beinahe weh, oder?
Das Mädchen wurde da von niemand gesehen.
Bei Der Outsider (Stephen King, Übers. Bernhard Kleinschmidt) kommt jemanden/jemandem 0 Mal vor, obwohl es zahlreiche Gelegenheiten gäbe. :)

Also, ich will das nicht größer machen als es ist – es scheint ja auch kaum jemanden zu stören –, aber es fällt mir total auf, dass diese Genitiv-/Akkusativformen quasi ausgestorben sind. Da es unterschiedliche Übersetzer betrifft, nehme ich an, dass es eine Verlagsentscheidung ist. Oder sehe ich das bzgl. der Grammatik total falsch? Wie gesagt, ich zucke da innerlich jedes Mal zusammen. :)
Zuletzt geändert von beedaddy am Fr 12. Mär 2021, 14:20, insgesamt 2-mal geändert.
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falko
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Re: Folge 10: Übersetzungen

Beitrag von falko »

Tja, kann nicht beurteilen, ob es Absicht, Nachlässigkeit oder Ignoranz war. Ich weiß nur, dass meine Lektorin geflucht hat, weil ich in eine meiner Übersetzungen viel hessische Grammatik eingebaut habe, die sie korrigieren musste (leider :D ).
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