Folge 14: Jemisin, Grimwood und George R.R. Martin

Hier wird über die aktuelle Folge diskutiert. Und über alle anderen natürlich auch.
Akill0816
Beiträge: 13
Registriert: Mi 9. Jan 2019, 23:48

Re: Folge 14: Jemisin, Grimwood und George R.R. Martin

Beitrag von Akill0816 »

Zu Jochens Meinung bezüglich Martin muss ich mich doch mal äußern, weil ich auch die Bände 4 und 5 noch sehr gut finde. Ja ich glaube auch, dass Martin die Geschichte nicht zu Ende bringen wird. Aber ich glaube, dass der Grund eher darin liegt, dass er versuchen möchte vom ursprünglich geplanten Serienende abzuweichen, weil dieses Ende in der Fernsehrserie verwurstet wird und er jetzt versucht wenigstens moderat abzuweichen.
Ich glaube durchaus, dass die meisten Handlungsstänge der letzten 2 Bände auch ursprünglich angedacht und angelegt waren. Der Mauerplot ist z.B. mit Sicherheit bereits in die Richtung geplant gewesen. Auch die Handlung rund um Daenerys erscheint mir eindeutig als Teil der ursprünglichen Plans. Mich hat der zweite Lesendurchgang von Band 4 und 5 mehr gefesselt als Sandersons The Way of Kings welches ich gleichzeitig gelesen habe und ich lese nur die wenigsten Romane mehrfach.
Ich würde mich sogar zu der Aussage versteigen, dass Band 4 und 5 des Lieds von Eis und Feuer besser sind als alles andere was ich an modernen Fantasyreihen gelesen habe. Sie mögen das Niveau der ersten drei Bände nicht ganz halten, aber das ist ein gängiges Problem von längeren Reihen. Der Plot insbesonders von Band 5 ist immernoch sehr spannend und scheint auch langsam aufs Ende hin zuzulaufen. Ich glaube nicht, dass die inhaltliche Kritik an den Bänden 4 und 5 auch nur annährend so stark wäre, wenn sie nicht so ewig gebraucht hätten um zu erscheinen. Die Kombination aus Wartezeit und zwischenzeitlichem Erfolg hat eine enorme Erwartungshaltung geschürt, der kein Roman der Welt entsprechen konnte.

Martin war meiner Meinung nach nie prädestiniert als Serienautor Serien. Wer Traumlieder kennt (die Kurzgeschichtenanthology) bekommt einen recht netten Einblick ein seine Arbeitsweise und er hatte schon öfter vor bestimmte Szenarion in Serienform auszubauen, ist aber damit nie weit gekommen. Und bereits zwischen Teil 1 und 2 des Liedes von Eis und Feuer lagen 3 Jahre Schreibzeit.
Ein Autor mit einem langsamen Schreibrhytmus und eine überbordenden Komplexität seiner Welt sollte sich nicht durch eine Fernsehvermarktung vor Fertigstellung der Romanreihe unter Druck setzten. Hier hat leider die finazielle Möglichkeit eine ungute Situation geschaffen.

Ich bin allerdings auch enttäuscht davon, dass er nicht alles daran setzt die Buchserie zu vollenden und stattdessen anderes produziert. Ich versuche seit Jahren Spoiler aus der Serie zu vermeiden und denke, dass ich wahrscheinlich nur noch ein weiteres Buch erleben werde. Insofern habe ich seine Tagaryen-Historie auch bisher boykottiert obwohl es mich trotz Jochens Warnung in den Fingern juckt.
Für mich ist die Reihe selbst dann einzigartig wenn sie niemals vollendet wird aber ich würde mir sehr Wünschen, dass es noch zu einem Ende kommt und ich nicht irgentwann doch gezwungen bin auf die Serie auszuweichen.

Was ich von Martin immer empfehle ich Fever Dream. Hier zeigt der Autor, dass er auch sehr schönen Enden schreiben kann wenn er Einzelbücher schreibt. Mein absoluter Liebllingsvampirroman.

An NK Jemisin werde ich wohl trotz ihre störenden Social Media Auftritte nächsten Monat mal versuchen obwohl ich eher skeptisch bin, ob mir die Autorin zusagt. Aber eine wirklich negative Kritik habe ich noch nicht gelesen und mich interessiert tatsächlich ob der Roman auch in meinen Augen seine Preise verdient. Die Erzählvariante in der zweiten Person schreckt mich allerdings weiterhin eher ab.
Insanity
Beiträge: 70
Registriert: Mo 3. Dez 2018, 22:06

Re: Folge 14: Jemisin, Grimwood und George R.R. Martin

Beitrag von Insanity »

Ich habe nun den dritten und finalen Band der „Zerrissene Erde“-Reihe beendet und das Gesamtwerk lässt mich ziemlich zwiegespalten zurück.

Mein größtes Problem mit den Romanen: Mir war so ziemlich jede der Figuren unsympathisch. Das soll nicht bedeuten, dass mich deren Schicksale kalt gelassen hätten oder dass ich deren Motive nicht nachvollziehbar fand. Auch waren sie nicht primär unglaubwürdig, aber gemocht habe ich sie trotzdem durch die Bank weg nicht. Sie sind alle schnell reizbar und stehen in ganz merkwürdigen hassliebenden Verhältnissen zu aneinander, aber mit deutlicher Betonung auf „Hass“. Das passt natürlich ein Stück weit zu dieser gnadenlosen Endzeit, Vergnügen beim Lesen hat mir aber wirklich keine Einzige von ihnen bereitet.

Die im Podcast bereits angesprochenen Parallelen vom Stellenwert der Orogenen in der Fantasywelt und Afroamerikanern in den Vereinigten Staaten früher (und zu oft auch anderswo und bis heute, leider) sind wirklich überdeutlich und hin und wieder war mir die Geschichte hier zu holzhammerig. Es geht gefühlt zu 90% um die Ungerechtigkeit des Systems und das wurde irgend wann ziemlich anstrengend zu lesen. Möglicherweise hatte ich einfach etwas mehr Eskapismus erwartet und wurde zu oft daran erinnert, wie beschissen es in der Real World läuft, wenn man der falschen Hautfarbe angehört, um mit Genuss im Buch abtauchen zu können. Aber natürlich darf eine Autorin oder ein Autor genau die Themen abhandeln, die ihr oder ihm wichtig sind. Reinen hedonistischen „Spaß“ beim Lesen der Story bereitete es mir aber nicht - und wollte es vermutlich auch nicht, was das betrifft. :)

Was mir aber sehr große Freude gebracht hat, war und ist der Schreibstil Jemisins: Perspektivwechsel, Satzstrukturen und vor allem das unaufdringliche Näherbringen der Welt und wie sie funktioniert, das war bemerkenswert (TM) gut. Ich mochte den hier häufig benutzten Erzähler in der zweiten Person schon in den Romanen „sorry“ und „Du“ von Zoran Drvenkar sehr, nur dass er hier sogar aus der Geschichte heraus Sinn ergibt - schlicht famos.

Die Eskalation am Ende von Band 3, die dann zwar einerseits wirklich sehr fantastisch im Wortsinn ist und gleichzeitig dennoch überdeutlich Kritik am umweltzerstörerischen Verhalten der Spezies Mensch äußert, zeigt mein Dilemma mit der Trilogie. Es wirft zumindest mich immer wieder aus der Immersion heraus. Ich als Leser bin nur selten wirklich in der Großen Stille anwesend. Ich bleibe zu oft im Hier und Jetzt zurück und folge gramzerfressenen Figuren durch ein soziologisches Ökosystems in all seiner Hässligkeit.

Das ist keine Fantasygeschichte, sondern ein politisches Pamphlet in fantastischem Gewand. Diesen Ansatz finde ich super spannend. Es hält dem Leser den Spiegel vor, indem es unglaublich wichtige Themen abarbeitet. Mir, der ich einen eskapistischen Unterhaltungsroman erwartet hatte, hat das Lesen daher eher auf intellektueller Ebene Freude gemacht. Das Eintauchen in eine fremde Welt gelang mir aber so gut wie nie.

Mich würden sehr noch weitere Meinungen zu dieser Erzählung interessieren, denn ich vermute, dass man all das auch ganz anders sehen kann. :)

Bleibt gesund und liebe Grüße.
Antworten