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Folge 21: Verfilmungen

Verfasst: Mo 27. Mai 2019, 20:55
von falko
Romanverfilmungen sind wie Saufgelage: Man weiß, dass man sich davon fern halten sollte, aber irgendwie gerät man gelegentlich doch hinein, und am Ende tut alles weh.

Aber woher kommt dieser Kater? Warum scheitern so viele Verfilmungen daran, das Kopfkino auf die Leinwand zu übersetzen? Können und müssen sie das überhaupt? Was zeichnet gute Verfilmungen aus, was schlechte?

All diesen Fragen gehen wir in der neuen Folge nach. Viel Spaß!

https://www.buchpodcast.de/2019/05/27/f ... filmungen/

Re: Folge 21: Verfilmungen

Verfasst: Di 28. Mai 2019, 08:51
von Rerun
Sehr schöne Folge, das Thema ist definitiv nicht zu Ende diskutiert und ich freue mich schon auf die Fortsetung.

EIn Freund von mir hat vor einigen Jahren seine Diplom Arbeit über Verfilmungen von Stephen King Büchern geschrieben (wenn ich mich richtig erinnere, verglich er ES und Stark miteinander.) Wenn Euch das interessiert, schaue ich mal, ob ich die noch irgendwo finde oder auftreiben kann.

Zum Thema gelungene / misslungene Vefilmungen ist ja auch immer interessant, Remakes anzusehen, also Verfilmungen derselben Vorlage. Was mir auf Anhieb einfällt ist z.B. Das fliegende Klassenzimmer. Da gibt es eine Verfilmung aus den frühe 50ern, die sich sehr an der Vorlage orientiert und dann eine aus den 70ern mit Joachim Fuchsberger und Herbert Reinecker, in die noch eine Romanze hineingeschrieben wurde.

Was eine gute oder schlechte Verfilmung ist, kommt dabei aber immer auf die Perspektive an. Die Nähe zum Original (Figuren, Plot) ist dabei oft zu simplizistisch. Was Ihr ja auch so schon erklärt hat. Ein guter Film muss zu aller erst als Film funktionieren. Der Erzähler von Frank Darabont ist da natürlich ein geschickter Kunstgriff, denn er erlaubt es, Motivationen zu erklären, die ansonsten mit filmischen Mitteln nur schwer oder aufwändig zu erklären wären.

Es gibt aber jede Menge guter Filme, die auf Romanen basieren, aber (vielleicht auch nur hierzulande) nicht als Verfilmungen wahrgenommen werden, weil die Vorlagen eher unbekannt sind (Beispiel: David Lynchs Wild at Heart). Oder es gibt Filme, durch die die Bücher dann erst bekannt werden - in den späten 80ern zum Beispiel: Betty Blue.

Und dann gibt es auch Filme wie Das Boot, Die Blechtrommel oder Der Name der Rose, die als Film genauso gelungen sind, wie die Bücher.

Re: Folge 21: Verfilmungen

Verfasst: Di 28. Mai 2019, 09:33
von Rodario
Fand die Folge sehr interessant und unterhaltsam.
Viele interessante Sachen gehört die ich so noch nicht wusste.
Ich persönlich hatte ein wenig gehofft das ihr auch über Blade Runner (Buch: Träumen Roboter von elektrischen Schafen) die persönlich für eine der Besten Buchverfilmungen halte, oder über Dune redet der ja mittlerweile mehrfach verfilm wurde und jetzt wieder eine neue Verfilmung bekommen soll. Die David Lynch Version hat mir als Film immer ganz gut gefallen auch wenn diese Version mit dem Buch nicht viel am Hut hatte.
Bin auf jeden Fall schon sehr auf eure Folge zu Hellraiser (sry mir fällt der Name vom Buch gerade nicht ein) gespannt.

Re: Folge 21: Verfilmungen

Verfasst: Mi 29. Mai 2019, 14:07
von Heretic
Interessantes Thema. Wenn die Qualität stimmt, kann ich damit leben, wenn eine Verfilmung inhaltlich von der Buchvorlage abweicht. Wobei die ursprüngliche Geschichte natürlich noch vorhanden sein sollte (man denke nur an die Verfilmung von Kings "Der Rasenmähermann" :roll: ). Grundsätzlich ist es mir aber lieber, wenn man nahe am Original bleibt. Dass bei einem Mammutwerk wie "Der Herr der Ringe" zwangsläufig Handlungsstränge entfallen oder gestrafft werden müssen, ist natürlich unvermeidlich.

Der größte Fehler der Hobbitfilme ist imo, dass Jackson unbedingt eine Brücke zu seiner "Der Herr der Ringe"-Trilogie schlagen will, er dementsprechend zwischen Humor und Ernst herumeiert und zuviele, teils klamaukige Actioneinlagen einbaut. Ein ruhiger, augenzwinkernder Märchenfilm wäre mir da lieber gewesen.

Auf Jochens Meinung zu "Hellraiser" bin ich echt gespannt. Ich (bekennender Barker-Fan) finde die Verfilmung auch heute noch gut anschaubar, wenn man über teilweise eher mittelmäßig begabte Darsteller und einige inzwischen doch sehr angestaubte Tricks hinwegsehen kann. Zudem ist der erste Hellraiser-Film ein echtes Meisterwerk im Vergleich zu dem, was da noch folgen sollte. :mrgreen:

Rerun hat geschrieben: Di 28. Mai 2019, 08:51 Zum Thema gelungene / misslungene Vefilmungen ist ja auch immer interessant, Remakes anzusehen, also Verfilmungen derselben Vorlage.
Da finde ich die beiden Verfilmungen von Nabokovs "Lolita" sehr interessant. Der Film von Adrian Lyne aus dem Jahr 1997 (der übrigens wie "Die Verurteilten" und auch der Roman auf einen Erzähler setzt) wird, trotz größerer Nähe zum Original, meist schlechter bzw. langweiliger eingestuft als Stanley Kubricks Version (1962). Ich seh's andersrum.

Gus van Sants Version von "Psycho" ist auch ein interessantes Ding, ist sie doch bis auf ein paar kleinere Änderungen identisch zu Hitchcocks Film. Und damit völlig überflüssig. :D

Ansonsten fällt mir noch eine gelungene King-Verfilmung ein, nämlich "Carrie" (den Satanstochter-Quatsch aus dem deutschen Titel lasse ich mal weg). Abgesehen von ein paar heutzutage eher witzig aussehenden Tricks im Finale finde ich die erstklassig, weil sie eher Coming of Age/Familiendrama als Horrorfilm ist. Die in die Gegenwart verlegte Neuverfilmung kommt da nicht ran, weil man zu sehr auf den heute üblichen CGI-Klamauk setzt. Allein Carries lustiger Ausdruckstanz auf der Bühne nach der Blutdusche... -> :shock: :?: :lol:

Re: Folge 21: Verfilmungen

Verfasst: Fr 21. Jun 2019, 03:11
von Thomas Suender
Wieder eine sehr schöne Folge. Zwei wirklich gute Verfilmungen sollten nicht unerwähnt bleiben:

James Dickey - Deliverance (auf Deutsch: Flussfahrt, 1970). Verfilmt mit Burt Reynolds 1971 als "Beim Sterben ist jeder der Erste". Der Film ist sehr nah am Buch und beide sind unglaublich spannend. Das Buch Deliverance wäre es wert, dass ihr ihm eine eigene Folge widmet. Denn es ist der Prototyp einer Geschichte, die seitdem immer und immer wieder varriiert wurde, und die nichts von ihrer Aktualität eingebüßt hat. Sie geht der Frage nach: Was passiert, wenn sich gelangweilte Großstädter in die Natur begeben und das gesuchte Abenteuer plötzlich ernst wird, wenn aus Spaß knallharter Survival wird. Obwohl es in erster Linie ein Suspense-Roman ist, gilt es als literarischer Klassiker des 20. Jahrhunderts und das muss man mit einem Buch, das von einem Spannungs-Plot getragen wird, erst mal schaffen.

James Ellroy - L.A. Confidential (1990). Auch sehr gut verfilmt 1997, angesichts des komplexen Plots wurden hier genau die richtigen Verdichtungen/Kürzungen vorgenommen.

Außerdem gibt es auch noch eine Kategorie, die zugegeben selten ist: Verfilmungen, die so viel besser sind, dass man die Buchvorlage getrost vergessen kann.

Roderick Thorpe - Die Hard (1971). Verfilmt mit Bruce Willis als Stirb Langsam. Ja, dazu gibt es ein Buch, und das war zuerst da (im Gegensatz zu den durchweg schlechten Büchern, die Filme nacherzählen, um deren Erfolg kommerziell auszuschlachten). Es ist einer DER Action-Filme schlechthin geworden und das Genre Action in Reinform funktioniert einfach als Buch nicht. Das Buch ist richtig schlecht. Erstaunlich, dass dann doch jemand auf die Idee kam, dass man daraus einen guten Film machen könnte.

David Morell - First Blood (1972). Verfilmt 1982 mit Sylvester Stallone als Rambo. Im Buch ist Rambo eine unsympathische Killer-Maschine, die Rangers aufschlitzt und am Ende stirbt. Kein Wunder, dass es drei Produktionsfirmen und 18 verschiedene Drehbücher brauchte, bis ein Genre-Klassiker im Kino geboren wurde... (was leider ekelhafte, kriegsverherrlichende Fortsetzungen mit Stallone nach sich zog).