Folge 30: Das Institut

Hier wird über die aktuelle Folge diskutiert. Und über alle anderen natürlich auch.
Ironic Maiden
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Re: Folge 30: Das Institut

Beitrag von Ironic Maiden »

Also, letzte Woche habe ich mich mit einem Buch beschäftigt, das mir sehr gefallen hat. Darin geht es um ein hochbegabtes, manchmal leicht altkluges, aber komplett sympathisches und herzensgutes Kind, das telekinetische Fähigkeiten hat. Im Verlauf der Handlung kommt dieses Kind in eine Institution, in der Kinder unter der Leitung einer tyrannischen Frau misshandelt und gequält werden. Mit Hilfe einer Angestellten dieser Institution gelingt es der Hauptfigur schließlich, die böse Leiterin zu besiegen. Das Buch war "Matilda" von Roald Dahl...

Und dann habe ich ein Buch mit dem gleichen Plot gelesen, das ich für miserabel halte, nämlich "The Institute" von Stephen King. Im Podcast wurden viele der Schwachstellen schon angesprochen, vor allem die unüberzeugende Hauptfigur. Auch ich fand Luke als Person nie glaubwürdig, seine Hochbegabung wirkte aufgesetzt und wie ein durchsichtiger plot device.
Überhaupt waren da ganz viele Dinge, die einfach nur da sein mussten, damit der Plot funktioniert, die man bestimmt aber auch eleganter hätte lösen können. Luke muss hochbegabt sein, damit er Maureen helfen kann, damit die ihm wiederum bei der Flucht hilft. Dazu braucht er außerdem den Internetzugang, damit er recherchieren kann. Beide Punkte sorgen aber dafür, dass das Buch schlechter und unüberzeugender wird. Hätten nicht z.B. Lukes Eltern bei einer Schuldnerberatung arbeiten können oder selbst in einer ähnlichen Situation sein können, und er hätte sich deswegen mit diesen Sachen auskennen können? Irgendeine bessere Lösung hätte es bestimmt gegeben.

Die Sicherheitsvorkehrungen im Institut waren einfach lächerlich. Luke ist doch bestimmt nicht das erste Kind, das auf die extrem originelle Idee kommt, sich unter der Zaun durchzugraben, und trotzdem gibt es weder sowas wie Bewegungsmelder, vernünftige Kameraüberwachung oder vielleicht einfach ein Betonfundament unter dem Zaun. Das Fundament wäre auch gebaut worden, als das Institut gegründet wurde und noch nicht so runtergekommen war, dass sowas nicht vorhanden ist, ist albern. Ich mache regelmäßig Pausenaufsichten auf dem Schulhof und das erste, was Kinder machen wenn sie einen Zaun sehen, ist zu versuchen drüber zu klettern, ihn kaputt zu machen, oder eben drunter durch zu kriechen. Und das hat noch keines dieser Kinder, die gegen ihren Willen festgehalten werden, jemals versucht?

Auf mich wirkte das ganze Buch, als hätte King einfach keine Lust gehabt, sich mit dem Plot mehr Mühe zu geben, da ja klar war, dass es angenommen und verkauft wird. Ich bin wirklich kein Fan von Stephen King (für mich ist er sowas wie der FC Bayern der Horrorliteratur...), aber ich hatte mir zumindest ein okayes Buch erwartet. Wenn ich nicht im Urlaub gewesen und Zeit gehabt hätte, hätte ich das Buch nach 300 Seiten weggelegt.
Jochen
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Re: Folge 30: Das Institut

Beitrag von Jochen »

Du schaffst es aber auch immer wieder auf geradezu unheimliche Weise, ausschließlich die schlechten Kings zu lesen. Das ist beinahe eine unheimliche Begabung :mrgreen:
Ironic Maiden
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Re: Folge 30: Das Institut

Beitrag von Ironic Maiden »

Jochen hat geschrieben: So 13. Okt 2019, 10:40 Du schaffst es aber auch immer wieder auf geradezu unheimliche Weise, ausschließlich die schlechten Kings zu lesen. Das ist beinahe eine unheimliche Begabung :mrgreen:
Vielleicht sollte King sein nächstes Buch einfach über mich schreiben, ich stehe da schließlich mit meiner übersinnlichen Begabung in der Tradition seiner Protagonisten. Das würde bestimmt ganz toll. :lol:

Ich muss sogar sagen, dass ich vorher noch kein King-Buch gelesen habe, das mir gar nicht gefallen hätte oder das ich dermaßen ungeschickt fand. Ich fand viele der Romane, die ich von ihm gelesen habe, sogar ziemlich gut. Insbesondere "Brennen muss Salem" und "Needful Things" mag ich wirklich und mir hat auch "Tommyknockers" gefallen, das ja in der Kritik eher verrissen wurde. Selbst ein mäßiger King ist meist noch ok, deswegen war ich ja besonders negativ überrascht davon, wie schlecht "The Institute" ist.

Meine Abneigung gegen King beruht keineswegs darauf, dass er ein schlechter Autor wäre. Mich stört eher die Omnipräsenz und dass viele ebenfalls gute Horrorautoren dermaßen in Kings Schatten stehen. Wenn man in der durchschnittlichen Buchhandlung zum Horrorregal geht, steht da zu 90 Prozent King drin. Bei Krimis fände ich es auch blöd, wenn das ganze Regal voll mit Agatha Christie stünde. Nicht weil sie schlecht wäre, sondern weil es noch so viel mehr gibt.
Jochen
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Re: Folge 30: Das Institut

Beitrag von Jochen »

Ironic Maiden hat geschrieben: Mo 14. Okt 2019, 14:44Meine Abneigung gegen King beruht keineswegs darauf, dass er ein schlechter Autor wäre. Mich stört eher die Omnipräsenz und dass viele ebenfalls gute Horrorautoren dermaßen in Kings Schatten stehen. Wenn man in der durchschnittlichen Buchhandlung zum Horrorregal geht, steht da zu 90 Prozent King drin. Bei Krimis fände ich es auch blöd, wenn das ganze Regal voll mit Agatha Christie stünde. Nicht weil sie schlecht wäre, sondern weil es noch so viel mehr gibt.
Wenn zu 90% King drin steht, stehen immerhin noch 10% mehr drin, als ohne King drinstehen würden - denn dann gäbe es erst gar kein Horror-Regal. Und das auch noch aus gutem Grund, denn selbst ein mittelmäßiger King ist besser als so ziemlich alles andere, was ich in diesem Genre bislang gelesen habe - und das ist eine ganze Menge. Agatha Christie ist für das Genre des Krimi historisch relevant, aber es gibt haufenweise moderne Autoren, die wesentlich bessere Krimis schreiben als Christie. Es gibt hingegen keinen einzigen modernen Horror-Autor (zumindest keinen, der mir je untergekommen wäre), der auch nur ansatzweise so gute Horror-Romane schreibt wie Stephen King.

Das klingt vielleicht nach Fanboy, aber dann würde ich einfach auf die aktuelle Folge und die ziemlich vernichtende Kritik verweisen. King hat viel Quatsch geschrieben, insbesondere in der jüngeren Vergangenheit, aber auch früher gab's schon Katastrophen (Augen des Drachen, anyone?). In seinen lichten Momenten allerdings ist King - im Gegensatz zu Christie - immer noch auf einem völlig anderen Planeten als die Konkurrenz.

Der Vorwurf der Omnipräsenz erscheint mir deshalb zwar verständlich, aber am Ziel vorbei. King stielt keinem das Spotlight. Ohne ihn hätten die anderen nicht einmal eine Bühne.
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falko
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Re: Folge 30: Das Institut

Beitrag von falko »

Mooooment! Ich bin eindeutig der größeren King-Fanboy hier. Ich habe mich bei ihm (und bei Clive Barker) schon in der Abizeitung bedankt!

Bild

Ich weiß, Jochen, mein Vorbild ist noch offensichtlicher. :D
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Oliver Naujoks
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Re: Folge 30: Das Institut

Beitrag von Oliver Naujoks »

Jochen hat geschrieben: Fr 11. Okt 2019, 10:04 Die Kurzfassung:
Danke Dir für die Zusammenfassung! In der Tat, schon bei der Prämisse hatte ich an einen Koontz-Roman gedacht. Koontz halte ich übrigens heute für unlesbar, in seinen lichtesten Momenten hat er aber durchaus Spannungs-Großtaten hervor gebracht. Sein Stil schwankt zwischen nervig bis großartig.

Hochinteressant fand ich Jochens Diss gegenüber Kings Fantasy-Roman "Eyes of the Dragon". Den habe ich mal als junger Teenager gelesen und fand ihn damals toll. Jochens Worte haben mich jetzt neugierig gemacht, wie der Roman sich wohl heute für mich, Jahrzehnte später, als äh älterer Teenager lesen würde. Wäre ich enttäuscht? Fände ich ihn immer noch toll? Vielleicht probiere ich das mal. ODER, Falko und Jochen, ihr seid mal mutig und traut Euch an einen Re-Read des Romans für den Podcast ran. ;) Denn, wenn Ihr mal ehrlich seid und der Podcast lange läuft, 10-20 Jahre später habt Ihr vermutlich sowieso das komplette King-Oeuvre dort verhackstückt. :P
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Jochen
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Re: Folge 30: Das Institut

Beitrag von Jochen »

Bevor ich die Augen des Drachen nochmal lese, ramme ich mir lieber einen Schaschlik-Spieß ins linke Auge oder schaue, was passiert, wenn ich meinen Fuß in einen Betonmischer halte :mrgreen:
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Oliver Naujoks
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Re: Folge 30: Das Institut

Beitrag von Oliver Naujoks »

Jochen hat geschrieben: Di 15. Okt 2019, 07:44Bevor ich die Augen des Drachen nochmal lese, ramme ich mir lieber einen Schaschlik-Spieß ins linke Auge oder schaue, was passiert, wenn ich meinen Fuß in einen Betonmischer halte :mrgreen:
Warte es ab, das Leben ist voller Überraschungen.. (psst, Falko? Denk Dir mal eine schöne Wette aus, die Jochen verlieren muss :D )
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falko
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Re: Folge 30: Das Institut

Beitrag von falko »

Jochen hat geschrieben: Di 15. Okt 2019, 07:44 Bevor ich die Augen des Drachen nochmal lese, ramme ich mir lieber einen Schaschlik-Spieß ins linke Auge oder schaue, was passiert, wenn ich meinen Fuß in einen Betonmischer halte :mrgreen:
Ist ja gut, du musst mir eine Session über das Buch nicht NOCH schmackhafter machen. :D

Ich hab "Augen des Drachen" damals sehr gern gelesen, aber weiß davon NICHTS mehr, außer dass Walter aus dem Dunklen Turm irgendwie drinne war. Den "Talisman" von King/Straub habe ich auch gemocht, und letztes Jahr hatte ich mir gerade das englische E-Book gekauft, um eine Neubeurteilung vorzunehmen, aber GENAU DA meldete sich dieser Gebauer mit den Worten "Lass uns mal nen Buchpodcast" machen und jetzt liegt das Ding immer noch ungeöffnet auf dem Kindle, weil ich dauernd so andere Bücher lesen muss ...
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DexterKane
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Re: Folge 30: Das Institut

Beitrag von DexterKane »

Ich hab's auch bestimmt 20-25 Jahre nicht mehr angefasst (meine Schwester hatte mir damals aus Platzmangel den Großteil ihrer alten King Taschenbücher geschenkt), aber ich hab das noch als Kings Versuch ein Jugendbuch (den Begriff YA kannte ich da noch nicht) zu schreiben in Erinnerung.

Fand ich nur so semi spannend, zumal das auch Unmengen an Kapiteln hatte, die teilweise nur eine halbe Seite lang waren.
Für mich so ziemlich das schlechteste King Buch, das ich kenne, allerdings kenn ich die neueren kaum und mochte auch den dunklen Turm nicht, also bin ich vielleicht nicht unbedingt repräsentativ. :)
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