Ich glaube nicht das du dir Sorgen machen musst schlecht beschrieben zu haben. Ich glaube eher das wir einfach verschiedene Perspektiven in der Sache haben. Ich sehe es nämlich beispielsweise so: Keine Geschichte ist wirklich nah an unserer Lebenswirklichkeit. Gewisse Genres gaukeln es dir lediglich vor und andere sagen dir von Anfang an "Hier kommt jetzt das Land der Fantasie, bitte anschnallen!".Nimlod hat geschrieben: ↑Sa 23. Nov 2019, 14:43Hab ich vielleicht schlecht beschrieben, es geht mir nicht ums Hineinsaugen. Ich meinte, dass längere Geschichten in aller Regel (zumindest mein Gefühl) näher an unserer Lebenswirklichkeit sind. Eine Horror-Kurzgeschichte kann so intensiv und perfekt und außergewöhnlich sein, dass man sie bei jedem Zug genießen kann (wenn man sowas mag), aber das eigene, tatsächliche Leben spiegelt sich darin (abseits von Metathematiken) wenig wieder. In Kurgeschichten steht sehr häufig ein Kerngedanke im Vordergrund und es menschelt eher wenig. Zumindest ist das meine Theorie, warum Kurzgeschichten nicht so gut ankommen. Und was der Eschenbach da beschreibt, hat zumindest im Kern schon was Wahres. Man wird halt schnell mal mit Kurzgeschichten und Gedichten weniger begabter Autoren konfrontiert, weil das viele machen, weil es, - wenn schlecht gemacht - leichter und schneller zu schreiben ist als eine schlechter Roman. Viele Leute werden bestimmt schon früh von sowas vergrault und haben dann keine Lust mehr.
Ein Beispiel: Die einigermaßen bekannte 6-Wort-Geschichte (mir ist klar, dass das ein extremes Beispiel ist):
"For sale: baby shoes, never worn" ist absolut genial und auch emotional anrührend. Aber wenn ich bspw. Harry Potter lese und mag, dann ist der Tod von Albus Dumbledore für die allermeisten Leute (zumindest würde ich darauf wetten) wesentlich ergreifender und eindrücklicher als die Baby-Schuhe es jemals sein können.
Ich habe letztendlich Horror nur als Beispiel genommen, weil sich im Bereich der fantastischen Literatur (Fantasy, Sci-Fi, Horror) mit die häufigsten Kurzgeschichten wiederfinden. Vermutlich weil diese sich wenigstens halbwegs noch gut verkaufen. Krimikurzgeschichten wiederum sind gefühlt komplett vom Markt verschwunden, obwohl Edgar Allan Poe und Sir Arthur Conan Doyle genau damit das Genre erst aufbauten, bzw. mit groß machten. Schau dich aber einmal im Internet um, auf Seiten wo viele Privatpersonen veröffentlichen, abseits des "klassischen" Marktes. Du wirst erstaunt sein wie viele "menschelnde" Werke du dort finden wirst. Gerade die Thematik Liebe ist mit am stärksten dort vertreten. Genauso findest du aber auch unzählige 800 Seiten Schinken "unbegabter" Autor*innen auf dem Buchmarkt. Denn man kann mit wenigen Worten oder mit vielen nichts sagend sein, die Länge hindert letztendlich Niemanden daran sich am Schreiben zu versuchen. Für mich also ein falscher Vorwurf an der Stelle. Das einzige wo ich noch mitgehe ist das Kurzgeschichten schneller geschrieben werden können, wobei dadurch aber wiederum auch schnellere Lernerfolge erzielt werden können.
Eschbach schmälert meiner Ansicht nach hier einfach die Leistung von wirklich gelungenen Kurzgeschichten mit seiner abwertenden Aussage.
Auch finde ich dein Beispiel zum Schluss gerade sehr konstruiert. Denn gute Autoren kriegen dich auch dazu deine Gefühle und Meinung über Charaktere innerhalb weniger Seiten zu ändern. Beziehungsweise es kann genauso gelingen um eine Figur zu trauern, die vielleicht erst vor wenigen Seiten eingeführt wurde. Und vor allem scheint es auch eher ein Trend der heutigen Zeit zu sein immer dickere und immer längere Reihen auf den Markt zu werfen, was nicht zwingend für die Qualität spricht. Bedenkt einmal in welchem Akkordlauf die Sachen geschrieben werden wollen. Da kann nicht immer das perfekt zurecht geschliffene Werk bei rumkommen.
Schauen wir uns das Ganze aber doch mal in einem anderen Medium an. Die Montage zu Beginn des Pixarfilms Oben erzählt in unter 5 Minuten die Geschichte eines gesamten Ehelebens und das auf eine solch herzzerreißende Art und Weise, wie es manche Filme in 2h nicht hinbekommen. Es gibt unzählige Beispiele von gelungen Kurzfilmen mit tollem Storytelling. Wieso sollte das Kurzgeschichten dann nicht gelingen? Das Problem ist somit viel eher der Umstand wie schwer es ist die Guten zu finden. Und das man nicht bemüht ist diese zu Suchen. Oder als Verlag letztendlich auch einfach nicht die Kapazitäten hat diese zu suchen...
Puuuuh... ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll...Ironic Maiden hat geschrieben: ↑Sa 23. Nov 2019, 16:04Das sehe ich anders. Ob ein Autor oder ein Werk im Feuilleton oder in der Literaturwissenschaft beachtet wird, spielt für den Erfolg erstmal nur bedingt eine Rolle, besonders in der Genreliteratur. Markus Heitz oder Wolfgang Hohlbein sind ganz ohne Aufmerksamkeit von dieser Seite für deutsche Verhältnisse sehr erfolgreich geworden. J.K. Rowling, Stephen King oder Neil Gaiman haben in der konventionellen Literaturkritik auch erstmal nicht stattgefunden, und sind dennoch keine Nische. Daher denke ich nicht, dass Kurzgeschichten deswegen nicht so verbreitet sind.
Klar kann ich verstehen, dass man es schön fände, wenn mehr Phantastik in den Feuilletons zu finden wäre, aber dass das sowenig passiert, liegt meiner Ansicht nach auch daran, dass dort nunmal eher auf literarisch anspruchsvollere Titel Bezug genommen wird. Ich meine das auch gar nicht abwertend, ich liebe reine Unterhaltungsliteratur, aber ich kann auch verstehen, dass viele phantastische Romane unter den Tisch fallen, denn viele davon sind halt auch Standard-Massenware. In anderen, "prestigeträchtigeren" Genres ist es doch ganz ähnlich. In der monatlichen Krimikolumne im Deutschlandfunk wird auch nicht jeder neue Serienmörderschinken besprochen,sondern es geht um Werke, die aus dem Rahmen fallen.
Im übrigen halte ich die Aussage, dass phantastische Literatur in der Literaturwissenschaft nicht beachtet wird, schlicht für zu pauschal. Das mag früher so gewesen sein, aber schon aus den Siebzigern gibt es viele wissenschaftliche Arbeiten über Phantastik. Und klar, auch da sind es wieder nicht alle Werke, die berücksichtigt werden, sondern man schaut dann schon eher nach herausragenden Autoren, aber wenn sich ein Forscher mit Liebesromanen beschäftigt, nimmt er auch eher Jane Austen als Rosamunde Pilcher. Natürlich kann man auch über Mainstreamromane interessante Arbeiten schreiben, und das wird auch gemacht, aber eben nicht in dem Umfang, wie es ihrer Verbreitung entspricht. Und das finde ich persönlich jetzt auch nicht schlimm. Was ich lese muss nicht unbedingt durch das Feuilleton oder drei Hauptseminare geadelt werden, und ich denke, dass es den meisten anderen Leserinnen und Lesern ähnlich geht.
1) Ich habe an keiner Stelle davon gesprochen, dass Erfolg und Besprechung im Feuilleton oder in der Literaturwissenschaft miteinander einher gehen. Das sind Worte die du mir in den Mund legst. Und Hohlbein ist ganz sicherlich auch nicht erfolgreich geworden, weil er so ein guter Autor ist
2) Danke das du genau dieses elitäre Gehabe an den Tag legst, welches ich kritisiere. Wie kommst du darauf, dass fantastische Literatur nur unterhaltend sei und nicht anspruchsvoll sein kann? Außerdem würde ich sogar eher behaupten, dass die Belletristik und Kriminalliteratur, die sich heutzutage auf den Bestsellerlisten verkauft viel weniger Anspruch vorweist, als ein Großteil der Fantasy, Sci-Fi und Horrorliteratur. Glaub mir, ich darf den Kram verkaufen...
Gerade Fantasy, Sci-Fi und Horror müssen durch ihre Abstraktionsebene Dinge derartig verpacken, dass sie einerseits leicht verständlich sind, gleichzeitig ihre Symbolik nicht verlieren. Das ist eine Leistung die ich respekteinflössend finde. Und um eines klar zu stellen: Damit will ich nicht sagen, dass die komplette Belletristik und Kriminalliteratur pulp oder pseudointellektuell ist, genauso wenig wie ich die komplette phantastische Literatur als vielschichtige Meisterwerke präsentieren will. Dennoch wird noch heute immer wieder so getan, bzw. verallgemeinert dargestellt, als könne fantastische Literatur nicht anspruchsvoll sein.
3) Wir haben jede Menge Germanistikstudentinnen (ja, alle nur weiblich) als Praktikantinnen bei uns. Ich unterhalte mich da sehr gerne mit Ihnen was für Themen in ihren Bachelor- / Masterarbeiten so aufkommen. Glaub mir, die fantastische Literatur kam nicht bei einer von ihnen jemals vor, obwohl ein paar es versucht hatten. Doof nur, wenn der/die Professor*in sich damit nicht auskennt und daher das Thema nicht zulässt. Natürlich ist dies jetzt eine reine anekdotische Evidenz, aber wir können uns ja gern zur Aufgabe machen herauszufinden ob es dazu Statistiken gibt. Das wäre wirklich ein interessanter Punkt den es herauszufinden gälte.
Haaaah... das meinte ich mit meinem Videospielpreisvergleich. Natürlich kann ich verstehen, dass Bücher einem teuer erscheinen, letztendlich ist da aber auch ein ganzer Markt dahinter von Arbeitsplätzen, die bezahlt werden müssen. Und ich kann ja verstehen, wenn einem Buchpreise von 20+ Euro für ein gebundenes Werk sauer aufstoßen. Wenngleich ich jederzeit argumentieren würde, dass wir an anderer Stelle ohne Probleme gleiche oder höhere Preise für kurzweiligere Vergnügen ausgeben und da weniger drüber gemeckert wird. Zumindest ist dies mein Eindruck. Hmmmm...Shenmi hat geschrieben: ↑Sa 23. Nov 2019, 21:50 Bei mir liegt das in gewissem Maße aber auch an meinem Lesetempo. Nun kaufe ich mir Bücher auch nicht nach Seitenanzahl, aber ich lese nun mal schnell. Deshalb kommt es schon vor das ich mich auf ein Buch freue und dann sehe, es hat nur 300 Seiten, was mich dann eine Kosten/Nutzen Rechnung anstellen lässt.
Ich habe z.B. heute Morgen mit "Der zweite Schlaf" von Robert Harris angefangen und es dann zum Abend beendet. Das Buch hat mir ganz gut gefallen, aber wenn ich mir dann überlege, dafür 18 Euro ausgegeben zu haben...
Ich verweile halt wirklich gern in den Welten die mir gefallen und sorge mich um die Schicksale von Welten und Personen, die es nie gegeben hat.
Eigentlich liegt es mir fern Qualität anhand des Umfanges festzumachen. Aber ich kann es nicht ganz verhindern oder abstellen so zu denken.
Das macht mir die Kurzgeschichten dann noch fremder, wie ich glaube.