Folge 30: Das Institut

Hier wird über die aktuelle Folge diskutiert. Und über alle anderen natürlich auch.
Jochen
Administrator
Beiträge: 75
Registriert: Do 25. Okt 2018, 11:32

Re: Folge 30: Das Institut

Beitrag von Jochen »

Shenmi hat geschrieben: Di 8. Okt 2019, 09:12Trotzdem wirken solche Nachlässigkeiten, dass eben ein Computer doch verfügbar ist, im Kontext des Romanes durchaus plausibel. Denn die Betreiber haben ja augenscheinlich nichts zu befürchten, selbst keine Ahnung von Technik und scheinbar fließen auch die Gelder nicht mehr wie früher.
Im Prinzip haben wir hier fast eine Art sozialistisches System - ich weiß nicht wie ich es besser ausdrücken soll - welches langsam verrottet, wie sie das nun einmal tun. Das halte ich für halbwegs plausibel
Das ist eine interessante Interpretation. Ich habe vor einigen Tagen endlich Chernobyl gesehen (die HBO-Serie). Die zeichnet genau diese systemische Korruption wunderbar und glaubhaft nach. Wenn das die Intention von King war, dann scheitert er - im Gegensatz zu Chernobyl - daran, das plastisch und nachvollziehbar zu machen. Denn das Institut geht nicht kaputt, weil die handelnden Personen in einem System innerer Zersetzung gefangen sind, sondern weil sie sich wie ausgemachte Vollidioten verhalten. Wenn Chernobyl nachzeichnet, wie die Verantwortlichen nahezu alle Rettungsmaßnahmen sabotieren, dann liefert es eine schlüssige Begründung: sie haben nichts zu "gewinnen", wenn die Katastrophe wirklich so schlimm ist wie befürchtet. Dann sind sie tot. Wenn nicht physisch, dann politisch - und damit wahrscheinlich auch bald physisch.

Für den Laptop hingegen gibt es nicht einen einzigen triftigen Grund - außer, dass der Plot ihn braucht. Es muss ja jemanden gegeben haben, der den Laptop a) gekauft b) die Seiten gesperrt und c) die Freischaltung durch Wertmünzen via Webcam integriert hat. Und derjenige hatte keine Ahnung von VPNs? Und arbeitet inzwischen auch nicht mehr dort, weil irgendjemand sagte: Alle, die sich mit moderner Technik auskennen, werden aus unserem hochgeheimen Forschungsinstitut, an dem die Zukunft der Menschheit hängt, entlassen - wir behalten nur die Köche, Hausmeister und Putzhilfen?
Ich hatte bei den Beschreibungen der Charaktere auch das Gefühl das sie recht klischeehaft sind, habe dann aber an die Bilder der Wachmannschaften von Auschwitz denken müssen. Da gibt es Aufnahmen wo sie gemeinsam in der Sonne liegen, zusammen Blaubeerkuchen essen oder an lauen Sommerabenden beim Biertrinken sitzen, während nebenan der Holocaust stattfindet.
Deswegen halte ich diese Charaktere auch für einigermaßen glaubwürdig, wenigstens in diesem Kontext
Aber die Wachmannschaften von Auschwitz sind doch nicht eines Morgens aufgewacht und hatten - upsi - zufällig vergessen, wie das mit dem Menschsein eigentlich geht. Da steckten jahrelange Propaganda, militärischer SS-Drill und ein national organisiertes System der Entmenschlichung dahinter. Ich habe keinen Zweifel, dass man Menschen dazu bringen kann, Kinder so zu behandeln und zu instrumentalisieren und de-humanisieren wie im Roman beschrieben. Ich glaube nur keine Sekunde, dass man es mit den dort beschriebenen Mitteln schafft.
Ein bisschen heuchlerisch fand ich King dann aber auch, wenn er gleich hintendran ein Loblied auf den Waffenbesitz singt. "Der tolle Süden, wo jeder ne Knarre hat und gleich losballert...haha". Das fand ich extrem unnötig, obwohl ich auch schmunzeln musste
Ich glaube nicht, dass das ein Loblied auf den Waffenbesitz sein soll. King ist ja ein entschiedener Befürworter von schärferen Waffengesetzen. Es ist eher Teil des Ölzweigs, den er dem ländlichen Amerika reicht. DuPray ist das Gewissen Amerikas, und im entscheidenden Moment, im Angesicht des Bösen und der Unterdrückung, entscheidet es sich für das Richtige - und setzt die Waffen tatsächlich zu jenem Zweck ein, für den sie von der Verfassung einmal vorgesehen waren, nämlich zur Wehr gegen die Tyrannei.
Nimlod
Beiträge: 43
Registriert: Di 5. Feb 2019, 11:41

Re: Folge 30: Das Institut

Beitrag von Nimlod »

Weil ihr kurz darüber geredet habt, ob und inwiefern das Buch vielleicht für jüngere Menschen frischer und damit interessanter sein könnte: Kennt ihr zufällig die Netflix-Serie »Stranger Things«? Daran musste ich nach ungefähr 10 Sekunden eures Podcasts denken. Da geht's auch um ein(e) Labor/Militäreinrichtung in der amerikanischen Pampa, in der entführte, übernatürlich begabte Kinder (Telekinese usw) für die Verteidigung Amerikas herangezüchtet werden. Eines flieht und versteckt sich bei den Leuten des nahegelegenen Nests usw. Da ist zwar noch mehr Übersinnliches mit anderen Dimensionen und Monstern dabei, aber grundsätzlich gibt es schon starke Parallelen.
So richtig ganz "frisch" wird das Thema also auch für die Generation Netflix nicht mehr sein. Womöglich haben die sogar eher den Eindruck, King hätte da abgekupfert, weil die Serie erst ein paar Jahre alt ist. :D
Benutzeravatar
falko
Beiträge: 550
Registriert: Do 1. Nov 2018, 12:30

Re: Folge 30: Das Institut

Beitrag von falko »

Tatsächlich habe ich in meinen Notizen noch stehen, dass ich fast vermute, King wollte sein eigenes "Stranger Things" schreiben. :D

Ich glaube, er hat sich an diversen Stellen auch sehr positiv über die Serie geäußert, und sie ist umgekehrt stark von King inspiriert. Fängt schon beim Font des Logos an, der dem der alten King-Augaben entspricht.
"I must say I find television very educational. The minute somebody turns it on, I go to the library and read a good book." - Groucho Marx
Jochen
Administrator
Beiträge: 75
Registriert: Do 25. Okt 2018, 11:32

Re: Folge 30: Das Institut

Beitrag von Jochen »

Ich habe viele Vergleiche zu "Stranger Things" in Kritiken und Besprechungen gelesen. Kann man prinzipiell schon anstellen - die Prämisse ist ja durchaus ähnlich. Aber ich hatte beim Lesen exakt null Stranger-Things-Vibe. Die Tonalität und Stoßrichtung ist eine völlig andere. Deshalb habe ich den Vergleich dann im Podcast auch nicht bemüht. Er ist zwar eine niedrig hängende Frucht, erweckt aber falsche Erwartungen.
blaight
Beiträge: 14
Registriert: Do 4. Apr 2019, 19:03

Re: Folge 30: Das Institut

Beitrag von blaight »

Mich würde wirklich interessieren, wie groß der Anteil der Leute hier im Forum ist, der gerne die deutsche Übersetzung besprochen haben möchte. Ich fand Euren generellen Cast über Übersetzungen gut, aber darüberhinaus bricht es für mich die Besprechung irgendwie auf. Ich kenne kaum noch Leute, die gleichzeitig moderne Medien wie Podcasts konsumieren, die nicht generell vorziehen Serien und Bücher etc ebenfalls im engl. Original zu haben.
Jochen
Administrator
Beiträge: 75
Registriert: Do 25. Okt 2018, 11:32

Re: Folge 30: Das Institut

Beitrag von Jochen »

blaight hat geschrieben: Mi 9. Okt 2019, 16:03Mich würde wirklich interessieren, wie groß der Anteil der Leute hier im Forum ist, der gerne die deutsche Übersetzung besprochen haben möchte. Ich fand Euren generellen Cast über Übersetzungen gut, aber darüberhinaus bricht es für mich die Besprechung irgendwie auf. Ich kenne kaum noch Leute, die gleichzeitig moderne Medien wie Podcasts konsumieren, die nicht generell vorziehen Serien und Bücher etc ebenfalls im engl. Original zu haben.
So lange der Anteil der Übersetzungsleser bei über, sagen wir, 20 Prozent liegt (was er sicherlich tut), sehe ich einfach keinen guten Grund, diese Hörer gewissermaßen auszusperren. Der Originalleser versteht ja auch das deutsche Zitat - der Übersetzungsleser aber nicht zwangsläufig das englische. Und der Originalleser kann sich bei "die Übersetzung ist echt nicht gut" denken - ach wie nett, dass mich das nicht interessiert. Während der Übersetzungsleser keine Ahnung hat, ob er eine gute Qualität bekommt oder nicht.
Benutzeravatar
falko
Beiträge: 550
Registriert: Do 1. Nov 2018, 12:30

Re: Folge 30: Das Institut

Beitrag von falko »

Ich gebe das ja ungern zu, aber Jochen hat recht.
"I must say I find television very educational. The minute somebody turns it on, I go to the library and read a good book." - Groucho Marx
asterix
Beiträge: 1
Registriert: Do 10. Okt 2019, 11:39

Re: Folge 30: Das Institut

Beitrag von asterix »

Ihr sprecht in der Folge öfters über Stephen King's "Es". Für mich als Österreicher klingt es relative befremdlich, wie ihr den Titel aussprecht - "Eeees" (langes e). Ich kenne eigentlich nur die Aussprache mit kurzem e - "Ess". Ist das eurem Dialekt geschuldet oder liege ich da komplett falsch und der Titel wird wirklich als "Eeees" ausgesprochen?
Benutzeravatar
falko
Beiträge: 550
Registriert: Do 1. Nov 2018, 12:30

Re: Folge 30: Das Institut

Beitrag von falko »

Ein Punkt, der immer wieder kontrovers diskutiert wird. :D Vielleicht machen wir es wirklich unbewusst, denn "Ess" ist im Hessischen bekanntermaßen der Imperativ zur Nahrungsaufnahme, und Hessen haben immer Hunger, daher ist die Verwechslungsgefahr zu groß. :D
"I must say I find television very educational. The minute somebody turns it on, I go to the library and read a good book." - Groucho Marx
blaight
Beiträge: 14
Registriert: Do 4. Apr 2019, 19:03

Re: Folge 30: Das Institut

Beitrag von blaight »

falko hat geschrieben: Do 10. Okt 2019, 09:59 Ich gebe das ja ungern zu, aber Jochen hat recht.
Mich würde, wie gesagt, interessieren, wie hoch da die Quote wirklich ist. Dem Argument stimme ich ebenfalls voll zu.
Antworten