Decius hat geschrieben: ↑Do 8. Aug 2019, 17:05
Bezüglich fehlerfreie Charaktere in Stormlight Chronicles - mich überrascht, dass Jochen übersehen hat, dass Kaladin eine recht deutliche Depressivstörung hat, mit stark suizidalen Tendenzen (und etwas manisch noch dazu). Viele seiner eher suboptimalen Entscheidungen und Taten kommen recht deutlich aus dieser unbehandelten Krankheit. Dalinar ist ebenfalls pazifistisch bis zum Gehtnichtmehr und eigenen Nachteil - der Grund dafür wir in Buch 3 sehr genau beleuchtet. Shallan hat gewaltige Gefallsucht und Selbstüberschätzung, aber das ist fast Standard in dem Alter. Makellos fand ich keinen der Hauptcharakter, und die Schwächen sind recht deutlich und mit starken Auswirkungen auf die Entwicklung und Handlung der Protagonisten, was deutlich tiefer als "sie ist so tollpatschig (aber damit eigentlich perfekt)" was im Fantasygenre - und auch in Sandersons früheren Büchern - üblich ist.
Also ich muss Jochen recht geben, da ich auf seine Empfehlung hin ebenfalls mit der Reihe begonnen habe.
Im Gegensatz zu ihm habe ich aber weitergelesen und bin immerhin bis Band 4 gekommen. Den fünften Band habe ich schon gekauft, aber da ist mir Luft ausgegangen, um ehrlich zu sein.
Denn es hängt einem irgendwann nur noch zum Halse heraus, wie Dalinar und Kaladin unfassbar schwer an der Last zu tragen haben, edel und gut sein zu müssen.
Das Ganze ist derart überzogen und auf die Spitze getrieben, dass man vor allem Dalinar irgendwann auch nicht mehr abnimmt das er auch nur ein böses Wort an irgendjemanden richtet.
Die Figuren sind mehr als platt, bei Kaladin ist es eigentlich noch schlimmer. Ich kann das Geschwalle dieser Charaktere nicht mehr ertragen.
Wenn Kaladin einfach gefühlte zwei Romane lang leidet und darüber sinniert ob er jetzt die Bösen töten darf oder ob das nicht auch falsch ist....
Irgendwann wird es halt lächerlich.
Wie es besser geht hat Joe Abercrombie in seinen First Law Büchern gezeigt. Das ist jetzt auch nicht unbedingt Literatur die Nobelpreisverdächtig ist, aber immerhin schafft er es, dass ein ein zynischer, missgestalteter, halb toter Folterknecht, der die Menschen hasst und Spaß daran hat andere zu quälen, irgendwann zu meinem Lieblingscharakter avanciert.
Dabei habe ich anfangs noch gedacht, ich werde es sicherlich nicht lange ertragen, diesem ekelhaften sabbernden Typen zu folgen.
Sandersons Weltenbau ist dafür um vieles besser und vor allem seine Erzählweise.
Anfangs kann man mit dieser Welt nicht wirklich etwas anfangen und versteht viele Rituale oder Begebenheiten nicht. Erst nach und nach erschließt sich diese durchdachte Welt und das hat mir gut gefallen.
Nur sind diese Charaktere einfach zu substanzlos und nach vier Bänden denke ich auch, dass alles hätte man gut in zweien erzählen und im dritten abschließen können.
Irgendwann wirkt es einfach nur noch künstlich gestreckt und man hat deutlich das Gefühl, bloß noch hingehalten zu werden, damit Sanderson noch 5 Bücher herausbringen und verkaufen kann. Blöd nur das er eben nicht George Martin und noch nicht mal ein Joe Abercrombie ist.
Mal schauen ob ich mich überhaupt je durchringen werde, diese Reihe zu beenden.
Decius hat geschrieben: ↑Do 8. Aug 2019, 17:05
mich überrascht, dass Jochen übersehen hat, dass Kaladin eine recht deutliche Depressivstörung hat, mit stark suizidalen Tendenzen (und etwas manisch noch dazu).
Und sorry, aber auch hier muss ich widersprechen.
Ich bin mit einem Menschen mit psychischen und zwischenmenschlichen Einschränkungen verheiratet, die noch um einiges über das hinausgehen und mir kam beim Lesen nicht einmal der Verdacht, dies könnte Sandersons Intention gewesen sein.
Das bezweifle ich auch irgendwie stark. Sollte dies doch zutreffen, hat er aber auch hier schlechte Arbeit geleistet. Zumindest nach meinem Dafürhalten.