ich hatte hier den Eindruck, dass Jochen sich nicht wirklich auf die Geschichten einlassen konnte. Ich bin kein Freund von der "jemand hat es nicht verstanden"-Keule, weil das einen intellektuellen Mangel unterstellt. Das müssen wir bei unseren Herren Podcastern ja nicht diskutieren.
Die Erzählungen von Teddy spielen sich auf mehreren Ebenen ab, die nicht darauf abzielen konkrete Antworten zu liefern.
Insbesondere bei "die Geschichte deines Lebens" handelt ja konkret von dem, was Jochen kritisiert. Dass "Sprache" ein Konzept ist, das Realität/Verständnis/Bewusstsein transportiert aber immer davon abhängig ist, was der eigene Erwartungshorizont ist.
Die Geschichte interessiert es ja gar nicht, was jetzt konkret linguistisch dahinter steckt, sondern die Frage, welche Implikationen sich aus dem Gedankenspiel ergeben → wenn die Wahrnehmung von Realität und Zeit dergestalt ist, dass Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart gleichwertig sind: sind sie dann überhaupt etwas wert?
Wenn ich WEIß, dass meine Tochter stirbt - ist es dann wert, sie überhaupt zu zeugen? Sind 20 glückliche Jahre nichts wert, wenn ich weiß, dass sie dann enden? Wo ist die Grenze? bei 20 Jahren? bei 30 Jahren? bei 80 Jahren?
Ist ein Leben nur dann lebenswert, wenn man 100% Gesundheit, Glück und Langlebigkeit garantiert hat? sollte man sich nur dann darauf einlassen?
Wenn ich weiß, dass ich leiden werde - aber auch Glück empfinden werde: wiegt Leid größer als Glück?
Kann ich überhaupt entscheiden oder ist "freier Wille" nur eine Illusion? wenn ich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gleichermaßen wahrnehme → gibt es dann so etwas wie Entscheidung oder ist alles deterministisch?
DAS sind alles Fragen, die erstmal nur in der ersten Geschichte aufgeworfen werden, und die letztlich die Erzählung so gehaltvoll und großartig macht. Auch die anderen Kurzgeschichten sind ähnlich ergiebig.
wenn man mit dem Anspruch "ich will eine Aussage und eine konkrete Antwort" an so etwas herangeht, wird man womöglich enttäuscht. Wenn es als Ausgangspunkt für interessante und auch wirklich existentielle Fragen gesehen wird, mag die Wahrnehmung vielleicht eine andere sein.
Ich konnte alle Argumente des Podcasts gut nachvollziehen und sage auch nicht, dass Jochen falsch liegt; nur habe ich selbst drastisch sehr viel mehr aus diesen Kurzgeschichten gezogen, als aus den meisten 0815 irgendwas-Unterhaltungsromanen, die eine beliebige Geschichte erzählen
