Folge 109: Hidden Pictures

Hier wird über die aktuelle Folge diskutiert. Und über alle anderen natürlich auch.
Benutzeravatar
falko
Beiträge: 550
Registriert: Do 1. Nov 2018, 12:30

Folge 109: Hidden Pictures

Beitrag von falko »

Wieder einmal wagen wir es, ein Buch zu lesen, das eine breite Leserschaft und viel Lob gefunden hat, aber das noch nicht als deutsche Übersetzung erhältlich ist. So denn jemals eine kommt. Hidden Pictures des US-Autors Jason Rekulak ist nicht sein erster Roman, aber er wurde auf Goodreads von der Leserschaft als der beste Horror-Roman 2022 gewählt.

Mallory hofft, ihr Leben neustarten zu können. Die 21jährige hat ihre Drogensucht überwunden und bekommt zu ihrer eigenen Überraschung den Job als Kindermädchen in einem kleinen, heimeligen Vorort von Philadelphia. Teddy, der vierjährige Sohn einer wohlhabenden Familie ist aufgeweckt, Mallory wohnt in einer liebevoll renovierten Hütte auf dem Grundstück, direkt neben dem Pool. Ein Traum. Oder Alptraum? Denn die Bilder, die Teddy zeichnet, werden immer düsterer, und die Hütte war vor vielen Jahren angeblich der Schauplatz eines grausamen Mordes …

Viel Spaß mit der neuen Folge!

Folge 109: Hidden Pictures
"I must say I find television very educational. The minute somebody turns it on, I go to the library and read a good book." - Groucho Marx
JohannesRH
Beiträge: 7
Registriert: Di 4. Dez 2018, 17:20

Re: Folge 109: Hidden Pictures

Beitrag von JohannesRH »

Wieder einmal eine wunderbare Folge aber ich muss noch einen Kommentar zum Ende abgeben:

Achtung SPOILER!!!

[spoiler]Ihr hattet gesagt, dass das Buch nicht transfeindlich sein kann, weil es ja nicht um eine Transperson geht, sondern um ein Kind, das in eine falsche Geschlechterrolle gedrängt wird.

Das ist aber genau die Definition von transphoben Menschen, was Trans für sie ist. Transphobe glauben, dass Liberale Kindern einreden, sie seien Trans und Rechte nennen das dan "grooming" (was auch eine umdefinierung von Rechten ist).

Dass das Kind am Ende von Psychologen behandelt wird und sein Geschlecht selbst festlegen kann, ist wieder positiv aber klingt auch ein wenig wie ein Feigenblatt, um Leser, die nicht an diese rechte Erzählung glauben, nicht komplett zu verschrecken.

Auch hattet ihr erwähnt, dass ein Psychologe im Buch sagt, dass das Kind durch das Trauma in seiner neuen Geschlechterrolle feststecken könnte. Das passt auch perfekt zu der rechten Erzählung, dass viele queere Menschen in ihrer Jugend traumatisiert wurden und nur deswegen Queer sind.

Ich habe das Buch selbst nicht gelesen, aber nach eurer Nacherzählung klingt es so, dass das Monster dieser Geschichte Liberalismus ist, wie ihn sich rechte/konservative Amerikaner vorstellen: Gottlose Menschen, die sich für etwas besseres halten, anderen vorschreiben, wie sie ihre Kinder zu erziehen haben, und die Kinder in Geschlechterrollen drängen, die nicht ihrem biologischen entsprechen.

Selbst wenn der Autor nicht Transfeindlich und nicht Rechts ist, so hat er sich doch eines rechten Feindbildes bedient.[/spoiler]
Benutzeravatar
falko
Beiträge: 550
Registriert: Do 1. Nov 2018, 12:30

Re: Folge 109: Hidden Pictures

Beitrag von falko »

Erst mal sorry, dass der Spoiler-Tag immer noch nicht eingebaut ist, hust.

Und danke für deine Einschätzung. Ist wirklich schwer für mich, diesen Aspekt zu beurteilen, und das Buch scheint sich da etwas zwischen die Stühle zu setzen. Es wirkt etwas wie: ich hab da die TOTALE Überraschung in der Story, damit rechnet keiner - aber dann muss es noch irgendwie hingebogen werden, dass es nicht völlig und nicht völlig unmenschlich wirkt ...
"I must say I find television very educational. The minute somebody turns it on, I go to the library and read a good book." - Groucho Marx
KLS
Beiträge: 8
Registriert: Sa 18. Dez 2021, 22:36

Re: Folge 109: Hidden Pictures

Beitrag von KLS »

Danke auch von mir für die Einschätzung. Mein erstes Bedürfnis nach dem Podcast war auch so einen Text zu schreiben. Schön, dass es dir auch so ging.
Zu sagen, das wäre alles nicht transphob weil es nicht um transgeschechlechtliche Menschen geht ist auf dem selben level wie zu sagen: "Die Goblins in Harry Potter sind nicht antisemitisch. Es ja um Goblins, nicht um Juden."
Es geht um verzerrte Feindblider die da reproduziert werden und nicht zwingend mit ihrem realen Urbild übereinstimmen müssen.
Benutzeravatar
falko
Beiträge: 550
Registriert: Do 1. Nov 2018, 12:30

Re: Folge 109: Hidden Pictures

Beitrag von falko »

Für mich war tatsächlich der Begriff "Transphobie" im Kopf nur im Bezug auf trans Personen relevant, und wenn ich mir die einleitende Definition im Wikipedia anschaue, ist das auch nicht ganz falsch. Aber ich sehe euren Punkt, vor allem im Bezug auf das Feindbild - da hatte ich einen blinden Fleck.
"I must say I find television very educational. The minute somebody turns it on, I go to the library and read a good book." - Groucho Marx
Jochen
Administrator
Beiträge: 75
Registriert: Do 25. Okt 2018, 11:32

Re: Folge 109: Hidden Pictures

Beitrag von Jochen »

KLS hat geschrieben: Mi 1. Feb 2023, 09:12Zu sagen, das wäre alles nicht transphob weil es nicht um transgeschechlechtliche Menschen geht ist auf dem selben level wie zu sagen: "Die Goblins in Harry Potter sind nicht antisemitisch. Es ja um Goblins, nicht um Juden."
Die Analogie erscheint mir unglücklich. Denn die Goblins bei Harry Potter - so man sie so interpretieren möchte - transportieren historisch belegbare antisemitische Bildsprache. Wenn man es antisemitisch liest, dann SIND es Juden. Noch deutlicher macht das Beispielsweise der amerikanische Original-King-Kong von 1933. Da ist der Affe für das weiße Publikum der damaligen Zeit ziemlich eindeutig ein Schwarzer. Zetigenössische Zuschauer hatten keine Schwierigkeiten den Bildcode so zu verstehen.

Teddy in Hidden Pictures IST aber keine Transgender-Person. Natürlich kann man den Umgang des Autoren kritisieren und sich anschauen, wo und an welcher Stelle er möglicherweise Klischees bedient oder problematische Narrative einsetzt. Fair game. Aber für die Transphobie fehlt mir hier schlicht die Transgender-Person. Man kann Teddy in meinen Augen nicht transgender lesen, weil zum Transgender imho fundamental das Bedürfnis gehört, dass die Person ein starkes Bedürfnis hat, sich als anderes Gender zu identifizieren bzw. zu fühlen. Das ist bei Teddy nicht gegeben. Der wird aus rein sinistren Motiven, die überhaupt nichts mit seiner eigenen sexuellen Identität zu tun hat, in Jungskleider gesteckt und als Junge ausgegeben. Der Text hat auch kein Interesse daran, die ganze Transgender-Problematik auch nur ansatzweise zu beleuchten. Es ist ein Plot-Twist, nicht mehr.

Wie gesagt: Kann man alles kritisieren und schwierig finden. Aber der Vorwurf der Transphobie erscheint mir im Vergleich zu Aussagen wie z.B. von JK Rowling hier ein wenig zu hoch gehangen.

Das hätte ich bzw. wir aber natürlich klarer formulieren können.
JohannesRH hat geschrieben: Di 31. Jan 2023, 09:56Auch hattet ihr erwähnt, dass ein Psychologe im Buch sagt, dass das Kind durch das Trauma in seiner neuen Geschlechterrolle feststecken könnte. Das passt auch perfekt zu der rechten Erzählung, dass viele queere Menschen in ihrer Jugend traumatisiert wurden und nur deswegen Queer sind
Nun, ich würde annehmen, dass ein Kind, dem so etwas angetan wurde, von jedem halbwegs seriösen Psychologen mit extremer Vorsicht behandelt wird. Es geht im Buch nicht darum, dass das Kind für immer in dieser Geschlechterrolle feststeckt, sondern dass man es langsam daran heranführen muss, die eigene Genderidentität zu entwickeln. Das ist für mich zunächst kein rechtes Narrativ, sondern einfach "normal".
Ich habe das Buch selbst nicht gelesen, aber nach eurer Nacherzählung klingt es so, dass das Monster dieser Geschichte Liberalismus ist, wie ihn sich rechte/konservative Amerikaner vorstellen: Gottlose Menschen, die sich für etwas besseres halten, anderen vorschreiben, wie sie ihre Kinder zu erziehen haben, und die Kinder in Geschlechterrollen drängen, die nicht ihrem biologischen entsprechen
Hm. Nein, so würde ich es nicht lesen, auch wenn ich sehe, woher deine Interpretation kommt. Die Motive des Ehepaars sind keine liberalen, sondern einfach egoistische. Die vermeintliche Liberalität der Eltern dient dem Text als Verschleierung ihrer tatsächlichen Beweggründe. Das ist Effekt. Kann man schon so interpretieren wie du es tust, aber ebenso könnte man es als liberale Anklage auf vermeintlich liberale Menschen lesen, die Weltoffenheit zur Schau stellen, aber in Wirklichkeit nur egoistische Arschgeigen sind. Auch das wäre theoretisch im Text angelegt. Für mich sind die extremen Lesweisen zwar grundsätzlich plausibel (in der Literaturkritik ist ja immer viel plausibel ^^), aber persönlich würde ich in diesem konkreten Fall eine Überinterpretation eines recht effekthascherischen Plot-Twists sehen.
KLS
Beiträge: 8
Registriert: Sa 18. Dez 2021, 22:36

Re: Folge 109: Hidden Pictures

Beitrag von KLS »

Jochen hat geschrieben: Mi 1. Feb 2023, 11:06 Die Analogie erscheint mir unglücklich. Denn die Goblins bei Harry Potter - so man sie so interpretieren möchte - transportieren historisch belegbare antisemitische Bildsprache. Wenn man es antisemitisch liest, dann SIND es Juden. Noch deutlicher macht das Beispielsweise der amerikanische Original-King-Kong von 1933. Da ist der Affe für das weiße Publikum der damaligen Zeit ziemlich eindeutig ein Schwarzer. Zetigenössische Zuschauer hatten keine Schwierigkeiten den Bildcode so zu verstehen.

Wie gesagt: Kann man alles kritisieren und schwierig finden. Aber der Vorwurf der Transphobie erscheint mir im Vergleich zu Aussagen wie z.B. von JK Rowling hier ein wenig zu hoch gehangen.

Das hätte ich bzw. wir aber natürlich klarer formulieren können.
Ich sehe in deiner Antwort nicht, warum sie Analogie unglücklich sein sollte. "Liberale wollen dir aus sinistren/sexuellen Gründen deine Kinder wegnehmen indem sie queer gemacht werden." ist seit über hundert Jahren ein Klassiker rechter Propaganda.
Es ist ein historisch belegbarer Topos der momentan wieder brutal in Mode ist und mit dem Kindern und Jugendlichen jede sexuelle und geschlechtsidentische Autonomie abgesprochen wird.
Jedem der die momentane Moralpanik vor allem in den USA und GB mitbekommt kann diesen Bildcode verstehen.
Natürlich IST Teddy keine Transperson, genau so wenig wie ein Goblin ein Jude IST.
Sie sind beide das, wie sich Transphobe oder Antisemiten ihr Bild gebaut haben.
Transgeschlechtliche Kinder existieren in dieser Ideologie nicht. Sie sind unmöglich. Kinder können ihrer Meinung nach keine Geschlechtsidentität haben, die nicht ihrem bei Geburt zugewiesenen Geschlecht entspricht. Jede Abweichung muss ihnen von außen aus niederen Motiven vorgegeben sein. Und genau das ist Teddy, ein Kind dem von außen vorgegeben wird, dass sein Geschlecht nicht zu ihm passt, zu seinem expliziten Schaden. Sie muss aus den Fängen der schlechten Menschen gerettet und zum leiblichen Vater gebracht werden.
Das innere Bedürfnis einem anderen Gender anzugehören ist faktisch der wichtigste Punkt um transgender zu sein, da hast du völlig Recht.
Aber dieser notwendige Punkt wird von transphoben negiert und als von außen eingegeben, als Gehirnwäsche dargestellt.
Damit ist Teddy genau das, wie die Momentane reaktionäre Diskussion über Transgeschlechtliche diese denken.

Ob der Autor transphob ist hab ich natürlich gar keine Ahnung, aber die Geschichte ist es meiner Meinung nach ganz sicher.
Rowling hat wenigstens die Güte besessen uns ihren ganzen Unfug zu Twittern, das erspart Kaffeesatzleserei über ihre Überzeugungen aus ihren Werken.
Benutzeravatar
falko
Beiträge: 550
Registriert: Do 1. Nov 2018, 12:30

Re: Folge 109: Hidden Pictures

Beitrag von falko »

KLS hat geschrieben: Mi 1. Feb 2023, 22:23Und genau das ist Teddy, ein Kind dem von außen vorgegeben wird, dass sein Geschlecht nicht zu ihm passt, zu seinem expliziten Schaden. Sie muss aus den Fängen der schlechten Menschen gerettet und zum leiblichen Vater gebracht werden.
Das innere Bedürfnis einem anderen Gender anzugehören ist faktisch der wichtigste Punkt um transgender zu sein, da hast du völlig Recht.
Aber dieser notwendige Punkt wird von transphoben negiert und als von außen eingegeben, als Gehirnwäsche dargestellt.
Damit ist Teddy genau das, wie die Momentane reaktionäre Diskussion über Transgeschlechtliche diese denken.
Ich sehe, was du meinst, aber genau dieser Punkt ist nicht der Fall in diesem Story-Konstrukt. Da geht es nicht um innere Bedürfnisse oder falsche Zuweisungen aufgrund biologischer Merkmale, sondern ganz banal um die Verschleierung eines Verbrechens, und auch, dass die Eltern gegenüber Mallory ihr Kind offensiv als transgender bezeichnen, ist Teil dieser absurden Tarnung. Wie gesagt im Cast, ich habe das Buch sehr gern gelesen, und mit der Schlussszene hat es mich auch versöhnt zurückgelassen. Vielleicht passt der Begriff "Exploitation" hier ...
"I must say I find television very educational. The minute somebody turns it on, I go to the library and read a good book." - Groucho Marx
bluttrinker13
Beiträge: 35
Registriert: Do 27. Aug 2020, 15:08

Re: Folge 109: Hidden Pictures

Beitrag von bluttrinker13 »

falko hat geschrieben: Do 2. Feb 2023, 06:21
KLS hat geschrieben: Mi 1. Feb 2023, 22:23Und genau das ist Teddy, ein Kind dem von außen vorgegeben wird, dass sein Geschlecht nicht zu ihm passt, zu seinem expliziten Schaden. Sie muss aus den Fängen der schlechten Menschen gerettet und zum leiblichen Vater gebracht werden.
Das innere Bedürfnis einem anderen Gender anzugehören ist faktisch der wichtigste Punkt um transgender zu sein, da hast du völlig Recht.
Aber dieser notwendige Punkt wird von transphoben negiert und als von außen eingegeben, als Gehirnwäsche dargestellt.
Damit ist Teddy genau das, wie die Momentane reaktionäre Diskussion über Transgeschlechtliche diese denken.
Ich sehe, was du meinst, aber genau dieser Punkt ist nicht der Fall in diesem Story-Konstrukt. Da geht es nicht um innere Bedürfnisse oder falsche Zuweisungen aufgrund biologischer Merkmale, sondern ganz banal um die Verschleierung eines Verbrechens, und auch, dass die Eltern gegenüber Mallory ihr Kind offensiv als transgender bezeichnen, ist Teil dieser absurden Tarnung. Wie gesagt im Cast, ich habe das Buch sehr gern gelesen, und mit der Schlussszene hat es mich auch versöhnt zurückgelassen. Vielleicht passt der Begriff "Exploitation" hier ...
-SPOILERS-

Genau das. Im Buch wird das Geschlecht des Kindes durch die "Bösen" umgedreht, weil sie das Mädchen als Jungen tarnen müssen. Und dann treiben sie es mit dieser Tarnung zu weit, wie mit allem anderen auch. Und dann wird am Ende beschrieben, wie die Ärzte dem Kind im Zuge der anschliessenden Therapie die freie Entscheidung lassen, mit welchem gender es sich identifiziert, da sie selbst nicht wissen können, oder gar normativ vorgeben wollen, wie die Ereignisse hier einen Effekt auf die subjektive Geschlechtsidentität des Kindes hatten. Und das, dieser Entscheidungsspielraum, ist doch, wenn wir das überhaupt anlegen müssen, eine implizite positiv-konstruktivistische Anerkennung der Tatsache, dass da Spielraum besteht und gut ist. (Und dann entscheidet sich das Kind eben zu "Mädchen", sehe aber keinen Grund, warum diese Entscheidung jetzt unplausibel sein sollte, gerade vor dem Hintergrund des Traumas mit dem die "Jungen"-Phase abgeschlossen wurde)

Ich verstehe nicht wie man aufgrund dieser Dinge am Schluss jetzt eine Tangente zu Transgender-Problematiken oder sogar -phobie aufseiten des Autors ziehen kann. Es ist doch nur eine fiktive Geschichte. Dann könnte man ja auch behaupten, der Autor befördere den Aberglauben an Geister durch dieses Buch. Ich meine, vielleicht tut er das ja auch, also an Geister glauben und so, aber diese Tangente ist doch eher abenteuerlich und unsinnig, und für das Werk an sich vollkommen egal und es finden sich keine Belege für einen festen Glauben an Geister aufseiten des Autors, weil sie eben immer auch nur Vehikel in seiner fiktiven Geschichte sind. Genau dasselbe kann man imo über die Geschlechtsfrage bei Teddy sagen, die ja letztlich primär als Twist drin ist, also als ein Stück mit Funktion in der Geschichte und ihrer Dramaturgie.

--
Habe den Podcast noch nicht gehört, kommt aber bald dran, und kann nur sagen: der Stil des Romans und die Fluffigkeit mit welcher der Autor schreibt haben mir persönlich sehr gefallen, wie schon woanders geschrieben - ein page turner. Meine Kritik wäre in erster Linie, dass das hier in keinster Weise unter Horror fällt, imo, obwohl das vom Verlag so beworben wird. Das ist Etikettenschwindel, mag ich nicht. Gerade die Ebene mit den Bildern die (super eingefügt) im Text erscheinen - anfangs noch toll und creepy, also die Kinderzeichnungen, und nachher nur noch straightforward Kitsch, genauso wie die Story in Kitsch-Bereiche driftet ab ungefähr der Hälfte, meines Erachtens. Und sehr viele MacGuffins und faule tropes drin, boy. Also das mit der Unfall-Vorgeschichte als Grund für Schuldgefühle und Drogen (zigmal in Serien und Büchern schon so gesehen), Adrian als white knight und plot device (irgendwer muss ihr ja glauben), moralisch verdorbene weiße Vorstädter inklusive übergriffigem Ehemann (Lynch oder Breaking Bad oder Desparate Housewives und zig andere lassen grüßen), der Showdown im Wald... Alles sehr einfallslos bzw. wahrscheinlich bewusst im Bereich des Bekannten und Erwartbaren gehalten.

Wenn ich dem Autor was vorwerfen würde, dann eben genau das, dass er gezielt auf Mainstream gegangen ist, indem es weder richtig weird wird (also hinsichtlich Grusel oder Gewalt), noch das wirklich neue Storypfade gegangen werden. Zeigt sich imo auch in der Art wie er die Beziehung und angedeutete Sexszene der Protagonistin mit ihrem Love-interest schreibt, nämlich gar nicht, was für einen Roman schon recht prüde ist. #stephenkingwouldnever ;)

Insofern, bereue es nicht es gelesen zu haben aber weiterempfehlen würde ich es auch keinesfalls, zumindest nicht für Horrorfans. Bin nun gespannt auf eure Meinung im Cast!
Zuletzt geändert von bluttrinker13 am Fr 3. Feb 2023, 10:19, insgesamt 1-mal geändert.
KLS
Beiträge: 8
Registriert: Sa 18. Dez 2021, 22:36

Re: Folge 109: Hidden Pictures

Beitrag von KLS »

Dann vertraue ich eurer Einschätzung mal, dass der Text sich da irgendwie aus diesem implizit transphoben Plot raus manövriert.
Falko, mit deiner Argumentation, dass das alles nur zur Verschleierung eines Verbrechens passiert überzeugst du mich aber nicht.
Es ist doch gerade mein Punkt, dass diese Storykonstruktion (Erwachsene geben Kindern eine Geschlechterrolle vor um damit ein Verbrechen zu verschleiern.) das Bild ist, dass in rechten Kreisen von Transkindern und Jugendlichen besteht.
Da wird negiert, dass es um innere Bedürfnisse oder falsche Zuweisungen geht.
Das gängige Narrativ lautet: "Transgender Kinder sind Opfer ihrer Eltern und die Eltern machen das aus niederen und völlig unlogischen Gründen."
Das passt genau auf den Plot wie Ihr ihn im Podcast zusammengefasst habt.
Ich gehe wie Du davon aus, dass der Plottwist da Vater des Plots ist, aber trotzdem sind die Figuren ein Bild dessen wie die amerikanische Rechte gerade Familien mit transgender Kindern darstellt.
Und das ist dann halt ein transphobes Narrativ das dargestellt wird.
Nur weil ihm das aus Versehen passiert und er dann dagegen anschreibt wird es nicht weniger.
Antworten